Ida Walch ist die Witwe von Vinzenz, Mutter von Clemens und Oma von Martin. Sie hat die Geschichte der Backstube über Generationen hinweg miterlebt und geprägt.
Aber der Reihe nach. Als Vinzenz Walch 1948 die Bäckerei übernimmt, ist er nicht nur der jüngste Bäckermeister Vorarlbergs, sondern auch der erste „familieneigene“ Bäcker in der von seiner Mutter, Philomena Walch, erbauten Bäckerei. Zuvor war diese 17 Jahre lang an verschiedene Bäcker verpachtet. Zu dieser Zeit heißt Ida noch Fischnaller und arbeitet beim Volksblatt in Bregenz. Ihre Chefin hilft Philomena Walch bei der Buchhaltung, weshalb auch Vinzenz ab und an in Bregenz auftaucht. „Aber damals war er einfach der Herr Walch“, erzählt Ida. 1952 veranstaltet ebendieses Volksblatt ein Preisausschreiben und weil der Gutschein für ein Wochenende in Lech nicht abgeholt wird, darf sich Ida selbst auf den Weg machen. Im Gepäck auch ein Faschingskostüm für Martin Walch, Vinzenz’ Bruder. Pflichtbewusst überbringt sie dieses, großes Interesse erweckt dabei jedoch Vinzenz. „Man ging dann auch gemeinsam skifahren und dann hat es halt gefunkt“, erzählt Ida – und kann sich ein jugendliches Grinsen nicht verkneifen. Von da an fährt sie jeden Sonntagmorgen mit dem Bus nach Lech und am Abend wieder retour, den ganzen Winter lang. Im Frühling folgte ein Antrag, im Herbst wurde geheiratet und Ida zog nach Lech. Auch nach 66 Jahren meint sie: „Ich habe diesen Schritt nie bereut.“
Seit 1952 ist Ida Walch ein wichtiger Bestandteil in der Geschichte der Backstube Lech. Sie war nicht nur Ehefrau und Mutter von sechs Kindern, sondern auch Sekretärin und Putzfrau, Buchhalterin und Wäscherin, arbeitete in der Backstube mit („Vinzenz hat immer gesagt, ich mach die schöneren Semmeln als er.“), kümmerte sich um die Gästezimmer und das Café und was auch immer sonst noch zu erledigen war. „Aber wenn wir am Abend die Tür zur Wohnung hinter uns zugemacht haben, haben wir kein Wort mehr über das Geschäft geredet.“ In ihren Jahren an der Seite von Vinzenz erlebt sie die beständige Weiterentwicklung der Backstube Lech mit. 1959 wird das Geschäft Filomena aus dem Haus Gotthard ausgegliedert, 1960 das Haus mit einem Anbau erweitert. 1964 erfolgt der Startschuss für das Hotel Walserberg mit Ortsbäckerei für Warth und die damit verbundene Expansion. 1969 übersiedelt die Bäckerei aufgrund von erneutem Platzmangel in das neu gebaute Haus Central. 1985 wird das alte Haus Gotthard abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Während Vinzenz, der sich durch die zahlreichen Baustellen auch einiges an Expertise angeeignet hat, die treibende Kraft im Vordergrund ist, der Praktiker, kümmert sich Ida im Hintergrund um finanzielle und verwaltungstechnische Aspekte. Dass sich so viel Fortschritt und Leidenschaft für die eigene Arbeit bezahlt machen, zeigte sich schon damals an einer schönen Begebenheit, die Martin auch heute noch oft erlebt. „Viele Gäste haben am Ende ihres Urlaubs noch Brot für Zuhause eingepackt. Einer unserer Stammgäste war Pilot, der hat sogar extra Sauerteig vorbestellt, um ihn mit nach Amerika zu nehmen“, erinnert sich Ida.
Dass die Arbeit in der Bäckerei damals nur noch teilweise mit der Arbeit von Martin vergleichbar ist, lässt sich anhand von Anekdoten wunderbar belegen, gerade das Drumherum hat sich sehr verändert. So erinnert sich Ida noch an Zeiten, in denen die Semmeln in der Früh auf den Horner aufgeladen und mit diesem ausgeliefert wurden. „Am Ende der Saison haben wir unseren Kindern die Rechnungen in die Hand gedrückt und sie damit durch das ganze Dorf geschickt.“ Auch das damalige Sortiment war natürlich kaum vergleichbar mit der Vielfalt an herrlichen Produkten, die heute in der Backstube angeboten werden. Für jeden Gast, der in dem aufstrebenden Tourismusort nächtigte, wurde jeweils eine Semmel und ein Kipferl gerechnet. „Das Fremdenverkehrsamt hat dann immer bei uns angerufen und gefragt, wie viele Semmeln wir ausgeliefert haben. Und anhand dessen die Gästezahl geschätzt.“
1990 übergibt Vinzenz die Bäckerei an seinen Sohn – und Martins Onkel – Clemens. Von da an ist Ida nicht mehr unmittelbar involviert, die Entwicklungen und Modernisierungen hat sie natürlich dennoch aufmerksam mitverflogt, beispielsweise die Umstellung auf vollwertige Natursole anstelle von Natriumchlorid. Dass ihr Enkel Martin mittlerweile – also seit 2015 – die Bäckerei in bereits dritter Generation führt, ist für Ida „ein großartiges Geschenk“. Wenig verwunderlich erfüllt sie die Eröffnung der neuen Backstube mit Stolz, schließlich kennt sie diesen Tatendrang von ihrem Mann und ihrem Sohn und weiß das Unternehmen, das sie auch selbst so mitgeprägt hat, in guten Händen. Eine weitere Gemeinsamkeit in der Geschichte von Vinzenz bis Martin findet sich in der Qualitätsprüfung: „Alle drei brachen und brechen als erstes das Brot auf und riechen daran. Bäcker mit Leib und Seele eben“, meint Ida.
Das Fremdenverkehrsamt hat dann immer bei uns angerufen und gefragt, wie viele Semmeln wir ausgeliefert haben. Und anhand dessen die Gästezahl geschätzt. Ida Walch